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Mit Wein durch Kästners Werk

13 Schluck Kästner – ein literarischer Genuss

LITERATUR In der Kulturhalle Süßen fand eine Erich-Kästner-Lesung der besonderen Art statt.

v.l.n.r Peter Grabinger, Martin Seidler und Michael Lehmann. Foto: Patrick Richter

Süßen. Anlässlich des 125. Geburtstags des Lyrikers, Kinderbuchautors und Pazifisten Erich Kästner haben der Sprecher Martin Seidler, Redakteur beim SWR, und der Pianist und Komponist Peter Grabinger „Die 13 Monate“, das letzte Werk Kästners, neu und mit viel künstlerischem Feingefühl inszeniert. Grabinger bezog sich als Begleiter auf George Gershwin, Leonard Bernstein und viele mehr.

Jahreszyklus durch das Werk

Erich Kästner erhielt in den 50er Jahren von einer Zeitung den Auftrag, jeden Monat ein Gedicht zu schreiben. So sind die Naturgedichte zum Jahreszyklus entstanden. Erich Kästner verstand es wie kein anderer Poet, Melancholie und Humor in seiner Lyrik nahtlos zu vereinen.

Der Rezitator begann mit dem Januar: „Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege. Und ist doch hunderttausend Jahre alt. Es träumt von Frieden.“ Und so gelangte man über das Thema „Fasnet“ zum Monat März. Die erste Weinprobe korrespondierte mit dem Frühling. „Der Frühling, denkt er, kommt also auch heuer. Er spürt nicht Wunder noch Abenteuer (…)“. Michael Lehmann von Wein-Musketier Salach präsentierte hierzu einen Rosé-Wein von David Klenert aus dem Kraichgau. Die leichte Note und das Beerenaroma überzeugten die Gaumen und unterstrichen das dichterisch-musikalische Frühlingserwachen. Einzig und allein störte die Preisnennung der verkosteten Weine auf der Bühne den Kästner-Kosmos; hierdurch wurde man unsanft vom Poetisch-Erhabenen auf den Boden unserer ökonomischen Wirklichkeit katapultiert. Auf Mai, Juni und Juli folgte der Sommerwein ein italienischer Custoza, eine Cuvée, das erfrischend leicht daherkommt, und „gemähtes Gras“ assoziieren lässt.

Die Lesung würde zweimal von sogenannten „Sollbruchstellen“’ unterbrochen. Hierbei wurden quizartig Fragen ins Publikum geworfen. Diese humoristischen Unterbrechungen sollten eventuell einen kognitiv-emotionalen Bruch im Sinne einer Auflockerung bewirken, störten aber vielmehr die Harmonie der sonst so stimmigen Vorstellung. Der Zyklus endet nicht mit dem 12. Monat, sondern mit dem 13. „Wem zwölf genügen, dem ist nicht zu helfen. Wie säh er aus, der dreizehnte von zwölfen?“ Bei diesem Gedicht bleibt zwischen Kästners Zeilen noch genügend Spielraum für Träumereien. Mit oder ohne Wein.

Datum

Mo, 16.09.2024

Ein Artikel von

Sandra Patricia Thurner

Quelle
SÜDWEST PRESSE
Veranstaltung
ERICH KÄSTNERS 13 MONATE
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